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Premium Silicon Valley „Eine Million Dollar für brillante Entwickler“: Tech-Konzerne treiben die Gehälter für IT-Kräfte nach oben

IT-Löhne gehen durch die Decke: Microsoft, Apple und Amazon erhöhen die Gehälter für Entwickler massiv. Das weckt auch in Deutschland Begehrlichkeiten.
07.06.2022 - 08:22 Uhr Kommentieren
Im Hotspot der Tech-Industrie ist der Mangel an IT-Kräften eklatant. Quelle: Bloomberg
Google-Campus bei San Francisco

Im Hotspot der Tech-Industrie ist der Mangel an IT-Kräften eklatant.

(Foto: Bloomberg)

Düsseldorf, San Francisco. Erstpublikation: 01.06.2022, 15:05 Uhr Jan Becker ist verärgert. Für sein Silicon-Valley-Start-up Apex AI sucht der deutsche Gründer Softwareentwickler – und findet nur schwer Kandidaten. Der Unternehmer beobachtet, dass sich die Konkurrenzsituation in Kalifornien merklich verschärft hat, vor allem mit Blick auf die Gehälter. „Google und Co. können sich jeden Mitarbeiter leisten“, sagt Becker. „Für einen brillanten Entwickler legen die auch eine Million Dollar auf den Tisch.“

Der Deutsche sucht deshalb verstärkt in der Heimat Fachkräfte – für seine Büros in München, Berlin und Stuttgart. Inzwischen beschäftigt Apex AI schon die Hälfte seiner 80 Entwickler in Deutschland. Wie viel genau Becker seinen Leuten in Deutschland zahlt, mag er nicht sagen. Nur so viel: Sein Unternehmen zahle „deutlich mehr“ als die Konkurrenz.

Becker und Apex AI sind beispielhaft für die neue Welle, die auf den deutschen IT-Markt zurollt. In Amerika werden immer höhere Gehälter für IT-Fachkräfte bezahlt – und die ziehen in einer Sogwirkung das in Deutschland schon hohe, aber im Vergleich eben noch geringere Niveau weiter nach oben.

In den USA kündigte erst Amazon an, sein maximales Basisgehalt für Spezialisten mehr als zu verdoppeln – von einst 160.000 auf 350.000 US-Dollar. Im Mai ließ Microsoft verlauten, das Budget für Boni und Aktienoptionen deutlich zu erhöhen. Zuletzt meldete Apple, den Stundenlohn für seine Shop-Mitarbeitenden zu steigern.

Im Hotspot der Tech-Industrie ist der Mangel an IT-Kräften eben eklatant. Die Arbeitslosigkeit liegt im Tech-Sektor statistisch gesehen praktisch bei null. Die Universitäten bilden nicht genug aus, die Visa für ausländische Fachkräfte werden seit Jahren aus politischen Gründen stark beschränkt – zur Verzweiflung von „Big Tech“.

„Deutschland ist im IT-Sektor ein Billiglohnland.“ Ein ranghoher Manager eines großen Tech-Konzerns

Wie groß die Unterschiede im IT-Sektor auf Fachkräfteebene zwischen Deutschland und Amerika sind, zeigen exklusive Zahlen der Jobplattform Indeed für das Handelsblatt. Danach liegt der Median für die Basisvergütung von Softwarearchitekten im Silicon Valley derzeit bei 140.000 Euro. Darin sind die in den USA oft sehr üppigen Aktienoptionen und Boni nicht eingerechnet. Zum Vergleich: In Deutschland zahlen Unternehmen für die gleiche Rolle nur etwa 85.000 Euro, in Berlin sogar gerade einmal 75.000 Euro.

Silicon Valley: Durchschnittsgehalt für Softwareentwickler fast doppelt so hoch

„Deutschland ist im IT-Sektor ein Billiglohnland“, stellt ein ranghoher Manager eines der großen Tech-Konzerne fest, der lieber anonym bleiben möchte. Seiner Meinung nach sei der Gehaltsvergleich sogar noch verzerrt – weil er in den USA zu niedrig angegeben wird. Zählt man noch Boni und Aktienoptionen dazu, steigt das Mediangehalt im Silicon Valley laut Branchendienst Levels.fyi auf 216.000 Euro. „Wer sich nicht dumm anstellt, kann sich nach ein bis zwei Jahrzehnten im Tech-Sektor im Valley zur Ruhe setzen“, sagt der Manager.

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Um dem Lohndruck auszuweichen, wenden sich US-Unternehmen stärker als zuvor dem Ausland zu. „Die Gehälter hier im Silicon Valley sind extrem hoch. Wir stellen global ein“, sagt der COO des Softwareunternehmens Zendesk, Jeff Titterton. Seit Ausbruch der Coronapandemie sei es normal, dass Fachkräfte nicht in der Nähe eines Büros sein müssten, um für die Firma zu arbeiten. „Rund die Hälfte unserer Belegschaft ist außerhalb der USA“, sagte Titterton.

Das treibt auch die IT-Gehälter in Deutschland, direkt und indirekt. „Tech-Konzerne wie Google und Microsoft sind international eindeutig Benchmark für die IT-Branche – auch bei der Bezahlung“, sagt Robert Kämper, der früher für Microsoft tätig war und heute für die global agierende Personalberatung Russell Reynolds Associates arbeitet.
Im Klartext: Wenn Big Tech in Amerika die Gehälter anzieht, folgen andere Märkte in der Regel nach.

IT-Gehälter in Deutschland steigen wegen Fachkräftemangel

Herrschen bald in Deutschland Silicon-Valley-Löhne? Eines steht fest: Der Fachkräftemangel treibt die IT-Gehälter hierzulande bereits seit einiger Zeit. Nach einer Auswertung der Unternehmensberatung Willis Towers Watson (WTW) im April für das Handelsblatt erhöhte sich das Mediangehalt von IT-Systemarchitekten zwischen 2019 und 2021 um 24 Prozent. Auch IT-Systemadministratoren und Softwareentwickler durften sich trotz Krise über ein sattes Gehaltsplus freuen.

„Wir haben über die letzten fünf, sechs Jahre Gehaltssteigerungen von 50, 60 Prozent im Markt gesehen“, sagt Lars Gollenia, Technologieexperte bei der Personalberatung Spencer Stuart. Diese Entwicklung werde „mit Blick auf die Gemengelage bestimmt nicht einfach so stoppen“.

Er und Russell-Reynolds-Berater Kämper sehen den größten Bedarf bei IT-Kräften, die in der Gehaltsklasse zwischen 80.000 und 160.000 Euro liegen. Gollenia: „Hier gibt es einfach nicht genügend Leute, die die Arbeit erledigen.“

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Je nach Zählart und Datenlage fehlen in Deutschland derzeit 50.000 bis 96.000 IT-Fachkräfte. „Schon jetzt orientieren sich etwa 60 Prozent der Unternehmen bei IT-Fachkräften über dem Mediangehalt“, weiß Florian Frank, Vergütungsexperte bei WTW, aus seinen Daten.

Microsoft, Apple und Amazon: Konkurrenz für Mittelstand in Deutschland

Für größere Unternehmen seien solche Abweichungen zwar in Verhandlungen mit Budgetverantwortlichen schwierig zu erklären – aber dennoch verkraftbar. „Mittelständler stehen da jedoch vor einem anderen Dilemma“, so Frank. „Sie müssen hart überlegen, wie viele Top-IT-Kräfte sie sich für die Digitalisierung ihres Geschäftsmodells wirklich noch leisten können.“

Das weiß Sabine Laukemann, Personalvorständin der Stuttgarter Datagroup, nur zu gut: „Die Ansprache und Gewinnung von IT-Fachkräften ist sehr energieintensiv.“ Die Managerin aus dem Mittelstand steht gleich vor zwei Problemen: Ihr Unternehmen kann zum einen nicht die hohen Gehälter von Microsoft oder Apple zahlen und muss zum anderen bangen, gute Leute an genau diese Unternehmen zu verlieren.

Fachkräftemangel: Markt für IT-Spezialisten in USA leer gefegt

„Es kommt immer mal wieder vor, dass vor allem Mitarbeiter mit bester Expertise sich abwerben lassen, weil sie gern in den USA arbeiten wollen“, berichtet Laukemann. Doch die Personalvorständin lässt nicht so leicht locker, verlagert Jobinterviews schon mal in die Kneipe und lädt Abgeworbene zur Weihnachtsfeier ein, „um zu sehen, wie es ihnen geht – und um sie vielleicht wieder zurückzugewinnen“.

Amerika treibt auch auf anderem Wege die Gehälter. Große Private-Equity-Firmen aus den USA investierten seit einiger Zeit viel in Softwareunternehmen, um diese mithilfe von Zukäufen und Sanierungen groß zu machen. Auch in Deutschland suchen sie nach guten Leuten.

Der Fachkräftemangel treibt die IT-Gehälter hierzulande bereits seit einiger Zeit. Quelle: Bloomberg/Getty Images
Google-Büro in Berlin

Der Fachkräftemangel treibt die IT-Gehälter hierzulande bereits seit einiger Zeit.

(Foto: Bloomberg/Getty Images)

Für den Technologiechef eines Mittelständlers mit ein, zwei Milliarden Euro Umsatz seien inzwischen eher 350.000 Euro Fixgehalt nötig, so die Expertenschätzung. „Vor zwei Jahren waren es um die 100.000 Euro weniger“, sagt Gollenia. Dazu kämen die langfristigen Aktienoptionen, „die sich beim Verkauf einer Firma in Private-Equity-Hand schon mal verzehnfachen können“, so Kämper.

Microsoft, Apple, Amazon: Manager ziehen verstärkt nach Deutschland

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die hohen Lebenshaltungskosten in gefragten US-Metropolen in vielen Fällen die hohen Einkommen relativieren. „Es gibt Manager in der Umgebung von San Francisco, die sich mit 500.000 Dollar Jahreseinkommen zur Mittelklasse zählen würden“, berichtet Ex-Microsoft-Mann Kämper.

Gerade auf Start-up-Ebene kommen deshalb schon seit Längerem Manager großer amerikanischer Tech-Unternehmen verstärkt nach Deutschland, um die hohe Lebensqualität, das Bildungs- und das Gesundheitssystem zu haben und dabei Karriere zu machen – „was die Gehaltsentwicklung im IT-Bereich hierzulande weiter nährt“, so Kämper.

Mehr: Microsoft erhöht im Werben um IT-Fachkräfte Gehälter kräftig

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