Premium Immobilien Umbau statt Neubau – Umweltbundesamt empfiehlt eine Bauwende

Das Umweltbundesamt fordert einen „klaren Vorrang“ für den Bestandserhalt von Gebäuden.
Berlin Wenn das Umweltbundesamt (UBA) im März die Höhe der Treibhausgasemissionen für 2022 bekannt gibt, wird der Gebäudesektor abermals negativ abschneiden. Seit Jahren verfehlt die Bundesregierung hier ihre eigenen Klimaziele. Die Behörde fordert daher einen „klaren Vorrang“ für den Bestandserhalt von Gebäuden. Auch der Abriss und der Ersatzneubau von Wohnungen sollte möglichst eingeschränkt werden.
„Der Erhalt, die Weiterentwicklung, der Umbau und die Umnutzung des vorhandenen Gebäudebestandes müssen Priorität bekommen, um die hohen Energie- und Stoffströme sowie zusätzliche Flächeninanspruchnahme durch Neubau zu vermeiden“, lautet eine zentrale Botschaft der Behörde, die an diesem Montagmittag Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ihre Empfehlungen für eine Bauwende vorgelegt hat.
„Die Klimakrise und die Ressourcenknappheit erfordern einen konsequenten Paradigmenwechsel im Wohnungs- und Städtebau“, heißt es in dem Papier. Es brauche „schnelles und radikales Umdenken“, vor allem beim Einsatz von Baustoffen, in der Wärmeversorgung und im Städtebau. Welche Maßnahmen die Behörde vorschlägt, lesen Sie hier:
Umweltbundesamt fordert: Neubau einschränken
Der Gebäudesektor entscheidet mit darüber, ob Deutschland es schafft, bis 2045 klimaneutral zu werden. Bislang entfallen nach Darstellung des UBA rund 30 bis 35 Prozent der Treibhausgas(THG)-Emissionen auf Errichtung, Erhalt und Betrieb von Gebäuden.
Auch der Ressourcenverbrauch ist enorm. So werden 50 Prozent der gesamten Rohstoffgewinnung in Deutschland für Baumaterialien benötigt. Gleichzeitig entfallen mehr als 50 Prozent des gesamten deutschen Abfallaufkommens auf Bau- und Abbruchabfälle.

Ein Ersatzneubau sollte erst zulässig sein, wenn seine Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen niedriger sind als die einer bestmöglichen Sanierung, heißt es in dem Papier.
Das UBA steht Neubau darum kritisch gegenüber, vor allem Ein- und Zweifamilienhaussiedlungen am Stadtrand, die auch neue Flächen in Anspruch nehmen. Das steht im Widerspruch zu dem Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar täglich zu reduzieren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag der Wert in den Jahren 2018 bis 2021 bei durchschnittlich 55 Hektar täglich.
Aus Sicht des UBA sprechen aber auch weitere Gründe gegen Ein- und Zweifamilienhäuser: Sie haben in der Regel einen höheren Heiz- und Kühlenergiebedarf, sie verursachen über Bau- und Betriebsphase hinweg gerechnet mehr Emissionen, es braucht mehr Ressourcen für ihren Bau.
Auch dass ein Gebäude abgerissen und neu errichtet wird, hält das UBA für nicht zielführend. Ein Ersatzneubau sollte erst zulässig sein, wenn seine Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen niedriger sind als die einer bestmöglichen Sanierung, heißt es in dem Papier.
Im Dezember kritisierte bereits die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den „Abrisswahn“ auf Kosten des Klimas. „Sanieren, Umbauen, Umnutzen und Erweitern müssen das neue Normal werden, der Abriss die Ausnahme“, forderte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
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Nicht alle halten die alleinige Fokussierung auf den Bestand für zielführend. Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, sagte: „Der richtige Blick auch auf den Bestand darf auf gar keinen Fall darüber hinwegtäuschen, dass es ohne Neubau bei der Wohnraumversorgung zu einer massiven Versorgungskrise kommt. Daher: Angesichts des akuten Wohnungsmangels geht es auf gar keinen Fall ohne geförderten Neubau, damit alle Menschen eine bezahlbare Wohnung finden.“
Gebäudebestand entwickeln
Nach Meinung des UBA sollen vorhandene Gebäude im Fokus stehen – einerseits mit Blick auf ihre Sanierung, andererseits mit Blick auf neue Nutzungsmöglichkeiten.
Ein neuer Umgang mit dem Gebäudebestand sei essenziell, um nachhaltig Wohnraum zu schaffen. Der deutsche Gebäudebestand umfasst über 19 Millionen Wohngebäude mit insgesamt mehr als 42 Millionen Wohnungen und über 1,5 Millionen Nichtwohngebäude. Derzeit kommen nach UBA-Angaben jährlich mehr als 100.000 Wohngebäude dazu.
Die längere Nutzung der vorhandenen Gebäude habe den größten Effekt auf die Vermeidung neuer Umweltbelastungen, schreiben die Autoren. Gleichzeitig sei das Potenzial für neue Wohnungen im Bestand enorm: Durch die Aufstockung von Wohngebäuden könnten bis zu 1,5 Millionen Wohnungen geschaffen werden. Auch die Umnutzung von Gebäuden berge Potenzial – für weitere 2,3 bis 2,7 Millionen Wohnungen.
Natürlich brauche es in Zukunft noch Neubau, der möglichst ökologisch verträglich hergestellt werden müsse, sagte Bauministerin Geywitz. Wie Messner sprach aber auch sie sich für den Einstieg in eine so genannte „Nachnutzungskultur“ aus. Aus Kosten- und Umweltaspekten sei es nicht sinnvoll, Gebäude zu bauen, später abzureißen und neu zu bauen.
Ressourcen schonen
Obwohl Ressourcen wie Metalle, Sand oder Kies weltweit knapp sind und die Herstellung von Baustoffen energieintensiv ist, stehen das Recycling und der Wiedereinsatz noch am Anfang, kritisiert das UBA.

Ressourcen wie Metalle, Sand oder Kies sind weltweit knapp.
Hier hat die Behörde zwei zentrale Forderungen: einerseits verstärkt auf recyclingfähige und nachwachsende Rohstoffe setzen, anderseits bereits verwendete Materialien neu verwenden, um sie im Kreislauf zu halten.
Für überlegenswert hält das Umweltbundesamt die „Einführung einer Primärbaustoffsteuer in marktwirtschaftlich relevanter Höhe“ – speziell für den Einsatz von Kies, Sand und Naturgips im Baugewerbe, um den Einsatz von Recycling-Baustoffen zu erleichtern. Dem erteilten Geywitz und Lemke eine prompte Absage: Man sehe keinen Raum für zusätzliche Belastungen durch eine solche Steuer, erklärte Bauministerin Geywitz am Montag.
Der Einsatz schadstoffarmer, weniger klimaschädlicher alternativer Baustoffe wie Laubholz, Ton, Lehm oder Stroh sollte dagegen gefördert werden.
Regeln entschlacken und auf Nachhaltigkeit ausrichten
Das Umweltbundesamt rät dazu, Regelwerke wie das Baugesetzbuch, die Bauordnungen, das Gebäudeenergiegesetz ebenso wie etwa Honorarordnungen für Architekten zu entschlacken und zu modernisieren.
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Sie basierten grundsätzlich auf planerischen Aufgaben der Vergangenheit, wie dem schnellen Wiederaufbau des zerstörten Gebäudebestands in Nachkriegsdeutschland, heißt es. Im Zuge der Weiterentwicklung der Regelwerke über die Jahrzehnte „wurden diese komplexer und teilweise überkomplex“.
Die Behörde warnt davor, Stadtentwicklung und Bauen „zu verkomplizieren und zu verteuern, indem Umwelt- und Klimaschutz als zusätzliche Aspekte hinzukommen“. Vielmehr sollten die Regelwerke neu auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. „Ökologische Lösungen wie Bauen mit alternativen Baustoffen sowie Umbau und Umnutzung im Bestand müssen vereinfacht werden.“
Trend zu größeren Wohnungen brechen
Den Trend zur wachsenden Pro-Kopf-Wohnfläche hält das UBA wegen des hohen Energie-, Ressourcen- und Flächenbedarfs für „sehr problematisch“ und fordert die Politik zu Antworten auf.
Die Behörde hält stattdessen andere Trends für sinnvoll: in Mehrfamilienhäusern etwa kleinere Wohnungen anzubieten, gleichzeitig aber mehr Gemeinschaftsflächen zur Verfügung zu stellen. Gebraucht werde zudem eine höhere Flexibilität der Wohnungsgrundrisse mit Blick auf unterschiedliche Lebensphasen.
„Wir müssen zeigen, dass Zukunftsfähigkeit machbar ist“, sagte UBA-Präsident Messner. Er warnte davor, die ökologischen Herausforderungen zu vernachlässigen. Das wäre „eine Bankrotterklärung“ für die Klimaziele.
Mehr: „Da brennt die Hütte“ – Bauministerin Geywitz bringt Bau- und Wohnungswirtschaft gegen sich auf
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Als Erstes sollte die Umrüstung der Häuser von Ölheizungen auf Wärmepumpen gestoppt werden. Im Mittel werden in Deutschland für die Erzeugung einer kWh Strom 734g CO₂ emittiert. Nach Abschalten der CO₂-freien Kernkraftwerke steigt dieser Wert an. Eine moderne Ölheizung emittiert pro kWh Wärme um 200g CO₂. Eine Wärmepumpe mit der Arbeitszahl 3 (ein fantastischer Wert, der im Winter kaum zu erreichen ist) - verursacht derzeit (bei Betrieb der Kernkraftwerke) 247g CO₂, d.h. ca. 25% mehr CO₂ als eine Ölheizung. Der Bau einer Wärmepumpe erfordert hohe Investitionsmittel und bindet erhebliche Material- und Personalressourcen. Zum anderen ist ein Umbau des Hauses mit Fußbodenheizung und größeren Heizkörpern nötig, der erhebliche Kosten verursacht und Baumaterial verschlingt. Der Betrieb einer Ölheizung ist billiger als der der Wärmepumpe. Als Draufgabe liefert die Ölheizung angenehm warmes Wasser für ein Dusch- oder Wannenbad.
Was für ein Blödsinn.
Was die Leute brauchen sind einfache Regelungen.
Nachhaltige und Skalierbare Baukonzepte.
In einem bezahlbarem Rahmen!
Meine Generation zwischen 30 und 40 kann sich aktuell keine Häuser mehr leisten, wie das damals mal war, da die Realllöhne einfach nur lächerlich sind im Vergleich zu den Baukosten.
Es müssen mal richtige Regelungen her, dass jeder Mensch in Deutschland ein steuer(besser freies)vergünstigtes (Eigen-)Heim bauen/kaufen darf.
Nur so kann man Familien fördern.
Gleichzeitig muss das aber auch bei 1-2 Wohnungen bleiben und zwar mit großzügigen Regelungen für Altbestand & Großstadt, das sich nämlich die ersten die dann Meckern. Und dass Immobilien-Haie eingeschränkt werden. Danach muss progressiv angezogen werden, weil danach auch der